Was ich mir zu Beginn des Jahres nie hätte vorstellen können …
Ich fasse es nicht.
Jetzt habe ich dich mit diesem Satz ein bisschen erschreckt? Du denkst dir vielleicht – mein Gott, was ist ihr denn passiert? Vermutlich hat es mit irgendjemandem zu tun, der etwas Schlimmes gemacht hat? Ich kann dich beruhigen. Ja, ich bin fassungslos. Allerdings im positiven Sinne.
Dieses Jahr war zu seinem Großteil nicht besonders gnädig mit mir. In meiner Arbeit hat sich durch Corona so viel verändert, dass ich durch meine persönliche, kleine Hölle gegangen bin. Unsere Systeme waren für Massenstornos nicht ausgerichtet. Unsere Kunden waren unflexibel bis verzweifelt. Niemand wusste, was die nächste Woche bringt. Ständig gab es improvisierte Änderungen. Man hat ins Nichts gearbeitet. Und das hat mich ziemlich kaputt gemacht. Es ist ja nur ein Job?, könnte man sagen. Haben mir auch viele. Aber es ist eben nicht nur ein Job, wenn man dort den Großteil seiner Zeit verbringt. Und wenn man, wie ich, sich mit Positivem umgeben möchte, und einer sinnvollen Tätigkeit nachgehen. Corona hat viele unserer Anstrengungen geschluckt.
Im September ging es dann nicht mehr. Ich war im Burnout. Und rausgesehen habe ich auch nicht wirklich. Kündigen? In einer prekären Situation wie jetzt? Wo so viele Leute Job suchen? Klar, ich schreibe. Aber durch die Belastung habe ich nur noch sehr wenig und sehr erzwungen schreiben können.
Mein Plan war es eigentlich, mit 40 selbstständig sein zu können. “Können, aber wer weiß, ob ich nicht trotzdem daneben arbeiten werde”, habe ich immer gesagt. Vielleicht ein Schutzmechanismus? 40 ist noch lange hin. 8 Jahre. Ich hätte noch Zeit gehabt.
Aber das Burnout hat anderes von mir verlangt. Plötzlich habe ich wieder zum Zeichenstift gegriffen. Und ich habe langsam wieder Freude am Leben gefunden, am kreativ-Sein. Seit Jahren habe ich diesen Teil von mir unterdrückt, weil schlicht, einfach und ergreifend keine Zeit mehr dafür war. Neben dem Arbeiten und Studieren musste ich mich für eines von beiden entscheiden – schreiben oder zeichnen, beides zeitintensive Hobbys. Ihr wisst, wofür ich mich entschieden habe.
Das Zeichnen hat mir wieder Lichtblicke in die Düsternis entsandt, zarte Strahlen, die sich durch die grauen Wolken kämpfen, die im letzten Jahr aufgezogen sind. Und irgendwann stand dann für mich klar: So kann ich nicht weitermachen.
Als ich Leuten davon erzählte, öffneten sich plötzlich Türen. Ich darf Graphikarbeiten für einen Freund übernehmen. Ich darf nächstes Jahr etwas für einen Verlag designen. Ich darf einen kleinen Text für einen Freund schreiben. Und ich war verwundert – ja, erstaunt. Leute wollen mit mir zusammenarbeiten?
Dann habe ich für mich die Entscheidung getroffen. Ich werde kündigen. Ich werde versuchen, selbstständig zu sein. Ich werde es versuchen. Vielleicht versage ich. Aber ehrlich? Momentan fühle ich mich mit dem, was ich tue, so glücklich, wie SEIT JAHREN NICHT MEHR. Und wenn ich dieses Glück auch nur ein halbes Jahr aufrecht erhalten kann, sollte ich das nicht versuchen?
Und was hat das jetzt mit dem ersten Satz zu tun? Dass ich es nicht fassen kann? Ich kann es nicht fassen, dass ich mit dieser Entscheidung, mit der ich so lange und so schwer gerungen habe, so glücklich bin. Ich fasse nicht, dass sich mir bereits so viele Möglichkeiten eröffnet haben. Vielleicht kann ich davon nicht leben, aber es fühlt sich einfach wundervoll an. Ich fasse es nicht, dass ich mich bei Patreon angemeldet habe – und wirklich, ich hätte NIEMALS erwartet, dass mich so viele Menschen dort privat unterstützen möchten; dass sie mein kreatives Schaffen DERART begeistert. Die meiste Zeit fühle ich mich wie ein kleiner Fisch im Schreibmeer. Und dieser private Zuspruch gibt mir SO VIEL, dass ich gleich in Großbuchstaben schreiben muss, weil ich nicht anders ausdrücken kann, was es mit meinem Herz macht. Es drückt es, ganz warm. Und ich habe Tränen in den Augen.
Also: Mein Selbstständigkeit startet nicht in 8 Jahren, sondern mit dem 1.1.2021. Es ist das erste Mal, dass Neujahr für mich eine richtige Bedeutung hat, denn ich fand es immer sehr random in den Jahresablauf gepflanzt. Vielleicht kann ich es dieses Jahr nicht mit großem Feuerwerk und hunderten Leuten feiern. Aber das macht nichts. Denn ich hoffe einfach, dass ich weiterhin so glücklich sein werde dürfen und können, wie ich es jetzt bin.
Danke euch allen für euren Zuspruch und eure Unterstützung,
Katharina, selbstständige Autorin, Illustratorin und Graphikdesign