Jahreszeiten & Wetter als Stimmungs(killer)

Jahreszeiten & Wetter als Stimmungs(killer)

Bei den Tipps zum #autor_innensonntag mache ich mir regelmäßig Gedanken zu bestimmten #Schreibthemen und teile sie hier in der Hoffnung, junge Autoren und Autorinnen zu inspirieren und mit den Schreibtipps für angehende Autoren einen Einblick hinter die Kulisse eines veröffentlichten Buches zu geben.

 

Wer reitet bei Nacht durch Laub und Nebel?

Es muss der kopflose Reiter sein! Und wer kehrt zur Weihnachtszeit aus der Großstadt zurück, um sich zwischen Schnee und Lichtermeer in seine Jugendliebe zu verlieben?

 

Jahreszeiten – und Wetter – können entschieden zur Stimmung eines Buches beitragen. Grillenzirpen, strahlend blauer Himmel und goldbraune Weiten vermitteln einfach ein bestimmtes Gefühl von Sommer(urlaub). Vor allem Filme nutzen das gern in bestimmten Genres. Die meisten Horrorfilme sind im Herbst angesiedelt, wenn der Nebel die Wälder entlangkriecht und die Bäume die Blätter verlieren (wie soll man sonst auch die aufgehängten Knochen sehen?). Auch BLACK ALCHEMY bedient sich des November-Feelings mit erstem Frost, der unter den Stiefeln knackt, und Scharen an krächzenden Krähen, um das Unglück heraufzubeschwören.

 

Nebelschwaden, knisterndes Laub, kahle Bäume – Oktober/November sind klassische Settings in Horror- und Gruselfilmen. (Sleepy Hollow 1999)

 

Spannend wird es aber, wenn man genretypische Settings mal umdreht. Schon mal MIDSOMMAR gesehen? Nicht einmal Nacht gibt es da noch – im strahlenden Sommersetting mit bestickten Kleidchen und bunten Blumenkränzen entwickelt sich das Grauen.

 

Es muss nicht immer Nacht und Nebel sein – Midsommar (2019) entfaltet sein grauen zwischen idyllischen Landschaften und strahlendem Sonnenschein.

 

DAS HOTEL (Mysterythriller) sowie BLUT & WEIN (High Fantasy) spielen in einem Sommer-Insel-Setting. Dabei erschafft der Kontrast, den wir mit Sommerurlaub verbinden, dem Gefühl, dass „endlich alles gut ist“ und wir entspannen können zu dem, dass doch etwas nicht stimmt, die unterschwellige Spannung. Was, wenn hier eben NICHT alles gut ist? Wenn die Intrigen unter blauem Himmel und zwischen zyklamefarbenen Bougainvillea-Ranken warten, während wir einen guten Vino süffeln?

Die DRACHEN VON TALANIS (Urban Fantasy) trägt durch diverse Jahreszeiten in derselben Stadt, weil sich die Handlung über einen längeren Zeitraum erstreckt. Hier hatten die Jahreszeiten keine besondere Stimmungsfunktion, sondern zeigen die verstrichene Zeit an. Und DAS HERZ IM GLAS spielt oben in den Bergen, wo generell über das ganze Jahr hinweg raue Bedingungen herrschen. Da regnet es mal nicht nur Wasser, sondern auch Drachen und Feuer.

 

WENN DU DICH FÜR EIN SETTING ENTSCHEIDEST …

… überlege dir ganz genau – welche Stimmung will ich aufrufen? Könnte ich sie durch eine bestimmte Jahreszeit verstärken? Kann ich das Wetter vielleicht sogar zu meinen Gunsten einsetzen – und z.B. wie in THE SHINING meine Charaktere in einem Berg-Chalet einschneien lassen?

… wählst du diese Jahreszeit/dieses Wetter/dieses Setting nur, weil es ein Standard dieses Genres ist – oder hat es wirklich seine Berechtigung, weil du möchtest, dass deine Leser:innen es mit einem bestimmten Gefühl verbinden? Hat es vielleicht sogar einen größeren Effekt, es umzudrehen?

… kann das Wetter hier vielleicht sogar die Handlung beeinflussen? Regnet es zu der Jahreszeit in diesem Landstück extrem viel, weswegen die Flusswege gesperrt sind? Könnte Schnee die Reise der Protagonisten verzögern – oder der Hilfe, die anrückt? Ist der jugendliche Protagonist während der Sommerferien bei Oma in Pula und trifft dort andere Kinder, mit denen er sich anfreundet?

 

Schreibtipp – selbst üben:

Aufgabe zum Nachdenken: Aus welchem Buch ist dir die Jahreszeit und damit verbundene Stimmung besonders in Erinnerung geblieben, und warum? Was hat dir an der Stimmung gefallen oder Angst gemacht? Warum ist sie so unweigerlich in deinem Kopf mit der Geschichte verwoben, dass sie dir sofort einschießt?

Daraus kannst du lernen, wie du auch für deine zukünftigen Projekte als angehende Autorin /angehender Autor eine starke Stimmung schaffst, die zum Teil des Buches wird.

Für weitere Schreibtipps einfach die vergangenen Beiträge durchsuchen 🙂