Warum Bücher zu beginnen einfach …

Warum Bücher zu beginnen einfach …

… aber Bücher fertig zu schreiben schwierig ist.

Schreibtipps für angehende Autoren und Autorinnen

Zum Thema des #autor_innensonntag s teile ich hier regelmäßig meine Erfahrungen und hoffe, dass ich dem einen oder anderen Anfänger (oder vielleicht sogar Fortgeschrittenem) einen kleinen Denkanstoß geben kann. Schreiben lernen besteht aus mehr als nur aus Handwerk – es ist ein emotionaler Prozess, der vom Beginn der Idee bis nach der Veröffentlichung sehr viel von uns fordert. Heute spreche ich darüber, was für mich die Schwierigkeiten dabei sind, einen langen Text zu Ende zu bringen.

 

Der Beginn ist ein Rausch

Wenn man ein neues Buchprojekt startet, platzt man vor Ideen. Die Welt ist neu und unerforscht, und man kann es gar nicht erwarten, loszustarten und zu erfahren, wo die Reise hin geht.

Wie ein Held, der sich auf seine Queste begibt, ist man jung und voller Hoffnung. 300 Buchseiten oder rund 900 Trilogieseiten später hat man sich derart in Intrigen, emotionale Belange und dreitausenddrölfzig Seitenhandlungen verheddert, dass man im Spinnennetz seiner eigenen Kreation zappelt und ruft: „Hülfe, so hilf mir jemand raus!“

Es gibt ja Pantser und Plotter und auf einer Skala von 0 bis 10 würde ich mich als Solide 3 beschreiben. Heißt, eine zentrale Idee führt als gewünschter roter Faden durch die Handlung, aber ich scheue mich nicht, Abzweigungen zu nehmen und vor mich hin zu mäandern. Das hat aber auch zur Folge, dass man sich mal wie in einem Wollknäuel verheddert.

 

Zwischen 60 und 80% Prozent der Handlung falle ich üblicherweise in ein Loch.

Das kann verschiedene Gründe haben:

  • Ich habe zwar den Rest geplottet, aber irgendwie habe ich „Angst“ vor dem Ende – was, wenn es nicht gut ist? Ich kann mich nicht zum Schreiben motivieren. Alles ist im Kopf ausgelegt wie ein exquisites Pflastermuster, nur ich kann mich nicht dazu überwinden, mich hinzuknien und die verdammten Stein in den Sand zu setzen.
  • Ich habe mich in meinem Webteppich aus Nebenhandlungen verheddert. Vor lauter bunten Fäden sehe ich den roten Faden selbst mit einem Fernrohr nicht mehr. Hilft nur, die Schere aus dem Gürtel zu nehmen, ordentlich zu schleifen, zu prüfen, was weg kann – und sich durchzuarbeiten.
  • Charaktere haben sich weiterentwickelt und sperren sich dagegen, die Handlung auszuführen. NIX GEHT MEHR. Das Leben ist schrecklich und ich werfe mich dramatisch auf meinen imaginären Diwan und seufze, man soll mich dieser Last befreien.
  • Ich komme auf einen existenziellen Denkfehler drauf, der mir das Ende komplett zusammenwirft. z.B. dass der eigentlich geplante „Bösewicht“ nicht länger eine richtige Motivation für die Tat hat. Haare raufend versuche ich, sein Leben zu durchleuchten, oder von irgendwo einen anderen Villain an seiner Frisur herbeizuzerren.

 

Schreiben kann dramatisch sein …

… auch für den/die emotionale Autor:in.

Ihr seht, beim Fertigschreiben eines Buches kann einiges schief gehen. Nach den Höhen kommen die Tiefen, und während man zu Beginn noch über schneebedeckte Gipfel getanzt ist wie ein Elf, muss  man sich auch mal ordentlich durch Morast kämpfen, der einem bis zum Bauchnabel blubbert. Diese Zeiten schlagen sich auch emotional auf den/die Autor:in nieder, die Szene mit dem Diwan ist nicht ganz so übertrieben, wie du vielleicht denkst.

 

Angst vor dem Ende

Neben schreibtechnischen Problemen sind aber auch noch andere Faktoren oft dafür zuständig, dass sich das Ende eines Buchs verzögert. Die zuerst genannte „Angst, etwas zu Ende zu bringen“, ist nämlich etwas, das man gar nicht richtig spürt. Heißt, das muss man erst unter zehntausend Lagen Zwiebelschalen hervorfummeln, bis man zum Kern der Sache kommt. Etwas zu beenden klingt auf den ersten Blick wunderschön – aber es ist auch ganz schön gruselig. Denn wenn man etwas zu Ende führt, etwas be-endet – dann gibt es keinen Weg mehr zurück. Wenn man nun mal so ein zweiflerisches Subjekt ist wie der/die Autor:in, fragt man sich, um man nicht immer noch was ändern sollte, etwas verbessern, etwas schleifen.

 

Und man vergesse die Puste & das Leben nicht …

Neben der Angst vor dem Ende geht einem auch einfach mal die Puste aus. Man hat 1, 2 Monate sehr intensiv an einem Buch geschrieben, und man kann dieses Tempo einfach nicht aufrecht erhalten, v.a. wenn noch Arbeit, Familie u.a. dazu kommt. Eigentlich wäre man schon gern fertig, aber nicht rasch abschließbar, und deswegen wendet man sich erst mal etwas anderem zu.

Kann ich großartige Tipps zum Beenden eines Buches geben?

NEIN. Außer, dass es wichtig ist, dich selbst genau zu kennen. Warum zwickt es dich im Magen, wenn du die letzten 100 Seiten liest? Wieso zögerst zu das Weiterschreiben hinaus? Was genau stört dich? Nur, wenn du dich selbst lesen kannst, weißt du, wo du ansetzen musst. Und manchmal – manchmal hilft auch wirklich einfach eine gute Pause, um Abstand zu gewinnen und das Buchstabengemenge mit neuer Objektivität zu betrachten.

Deine Katharina